BHUTAN

འབྲུག་རྒྱལ་ཁབ་

Druk Yul
Land des Donnerdrachens – Königreich im Himalaya

Bhutan ist 38.394 km² groß und wird von 750.125 Menschen bewohnt. Es ist geographisch so abgeschieden, dass sich hier eine alte Kultur bewahren konnte und nicht nur bewahren, sie lebt und ist heute ein Teil unserer Gegenwart, auch wenn kaum etwas über dieses Land in die westliche Welt dringt. In Bhutan werden Dzongkha und Englisch gesprochen.

Unsere Sehnsucht nach den entlegenen stillen und einzigartigen Regionen und Völkern nahm hier ihren Anfang.

Die allgemeinen Informationen dieser Seite wurden überarbeitet und sind aktuell.

Trashiyangtse Dzong
Trashiyangtse Dzong

Warum Bhutan?

Um das zu erklären, muss ich das Nachwort an den Anfang stellen.
Wir lieben Bhutan (und die Bhutaner) weil das Land aufgrund glücklicher Umstände einerseits und kluger Entscheidungen andererseits seine kulturelle Identität bis heute bewahren konnte. Bhutan zeigt uns, dass Spiritualität und das Festhalten an Traditionen, jahrhundertealten Bräuchen, traditioneller Architektur und Handwerk, Fortschritt und Entwicklung nicht ausschließen muss.

Bhutan ist zwar geografisch abgeschlossen, nimmt aber ansonsten offen und neugierig die Welt um sich herum wahr. Der Mehrwert der unberührten Natur ist erkannt. Die Energieversorgung durch Wasserkraft und Solar wurde etabliert. Sie, die Bhutaner, sammeln den Müll, schicken ihre Kinder in die Schule und verbinden sich digital mit der Welt. Kurz gesagt, sie sind ein Volk, dass sich darin einig ist, welcher Weg in die Zukunft führt.

Bhutan - The Lucky Dragon.
Der Drache, eine Glück bringende Kreatur.

Das alles trägt dazu bei, dass sich der Reisende dem Charme Bhutans kaum entziehen kann. Wahrscheinlich macht es die märchenhafte Mischung: Ein Land regiert von einem geliebten weisen König, der im Gegensatz zu den meisten Herrschern unserer Welt Macht und Verantwortung auf viele Schultern verteilen möchte. Eine Regierung, die soziale Gerechtigkeit und wirtschaftlichen Fortschritt auf eine Stufe hebt und das größtmögliche Glück der Bürger anstrebt.

Die buddhistische Weltsicht, in der jeder Mensch eigenverantwortlich sein Schicksal in der Hand hält, trägt sicher dazu bei. Bhutan könnte als Model für viele kleine Völker dienen, die (noch) nicht erkennen können, dass Fortschritt nicht Identitätsverlust bedeuten muss.

Bhutan couple
Kinderlos zu sein bedeutet, keine Altersvorsorge zu haben.

Der enorme finanzielle Aufwand, der notwendig war (und immer noch ist), um nach Bhutan zu gelangen und dort „in Ruhe“ zu reisen, reute uns nicht. Wir sind ja auch ein bisschen verrückt! Der, dem so eine Reise finanziell nicht möglich ist, darf trotzdem träumen. Es gibt Bücher und Filme. Bhutan ist inzwischen im Internet präsent.

Aber wo liegt das Land des Donnerdrachens?
Bhutan ist geografisch zweigeteilt. Die nördliche Hälfte, dort wo Sechs- und Siebentausender jeden Weg versperren, also der Hochhimalaya, grenzt an Tibet. Die Bergketten verlaufen nicht nur von West nach Ost, sondern auch von Nord nach Süd und bilden damit weitere Barrieren innerhalb des Landes.

Die südliche fruchtbarere Hälfte, das Himalaya-Vorgebirges mit Höhen zwischen 300 und 1.600 Metern grenzt im Westen an Sikkim und im Osten an Arunachal Pradesh, im Süden an Westbengalen und Assam, alles Bundesstaaten in Indien. Eine gewaltige Gebirgswand mit tiefen Schluchten versperrte außerdem weitgehend den Zugang von und nach Indien. Erst in den 1960er Jahren wurden einige asphaltierte Straßen angelegt, die jedoch kein größeres Verkehrsaufkommen zulassen.

In den südlichen Regionen leben viele Bauern nepalesischer Herkunft und unterschiedlichster Stämme. Sie immigrierten bis in die späten 1950er Jahre in das sichere Land. Ihre Religion ist der Hinduismus, ihre Sprachen sind Lhotshamkha oder verschiedene indische Dialekte.

Lhotshampa Thimphu
Marktfrau in Thimphu

In den 1980ern machten die Lhotshampas (Dzongkha = Südländer) 28 Prozent der Bevölkerung Bhutans aus. Sie wurden zur Prüfstelle für die Staatsreligion, einer tantrischen Form des Mahayana-Buddhismus, aber auch für das in der Verfassung garantierte Bruttosozialglück aller Menschen.

Geschichte

Auf die Geschichte Bhutans möchte ich nicht näher eingehen. Einen Überblick bieten die entsprechenden Reiseführer. Außerdem sind viele Informationen an anderer Stelle im Internet verfügbar. Festzuhalten bleibt, dass die heutige Gesellschaft aus einem einstmals feudal organisierten System hervorging und dass sich die Menschen in Bhutan ihrer sozialen Stellung (Rang) wohl bewusst sind und auch uns in diese Ordnung einbeziehen.

Reise-Entscheidung

Die meisten Reisenden machen von einem Pauschalangebot Gebrauch. Das bedeutet, dass man in einer kleinen Gruppe dem vorgeschlagenen Weg einer Reiseagentur folgt. Am häufigsten sind die Besuche der Sehenswürdigkeiten in Paro und Thimphu.

Daneben gibt es Trekking-Touren in den unterschiedlichsten Schwierigkeitsgraden.

Als weitere Variante werden Reisen zu den buddhistischen Tempelfesten, den Tshechus (Tsechu) organisiert.

Masks represent deities that occur in sacred dances.
Masken stellen oft Gottheiten dar, die in heiligen Tänzen auftreten.

Schon etwas individueller: In zurzeit 157 Homestays können Gäste mit einer Bhutanischen Familie leben, an ihren Aktivitäten teilhaben, gemeinsam essen, kochen oder auf die Felder gehen.

Eine andere vielleicht nicht so oft genutzte Möglichkeit könnte

Die individuelle Reise durch Bhutan

im Rahmen der vorgegebenen Möglichkeiten sein.

The individual journey through Bhutan.
Die individuelle Reise durch Bhutan.

Hat man seine Wunsch-Ziele ermittelt, kann die Möglichkeit der Durchführung über eine der Agenturen geprüft werden. Das setzt eine gute Vorbereitung voraus. Schwerpunkt könnte der Tantra-Buddhismus sein, die Architektur und/oder die buddhistische Kunst oder das Handwerk in all seinen Formen.

Ganz allgemein kann man sagen, dass der Eintritt in Dzongs, Tempel, Museen und bestimmte Bauwerke nur dem gewährt wird, der eine entsprechende Erlaubnis vorweist. Sie muss vor dem Antritt der Reise beantragt werden.

Auch Profanbauten werden mit tantrischen Tieren und Fabelwesen geschmückt. Hier der Drache und Garuda, der Schlangenesser.
Auch Profanbauten werden mit tantrischen Tieren und Fabelwesen geschmückt. Hier der Drache und Garuda, der Schlangenesser.

Reise-Umsetzung – Travel Basics

In den letzten Jahren hat es Bhutan mithilfe von vielen Freunden aus aller Welt verstanden, die großen Herausforderungen unserer Zeit anzunehmen. Interessierte Reisende können sich heute umfassend online informieren.

Einreise-Vorbereitung

Das Land lenkt das Einreise-Geschehen sehr genau, auch wenn man davon spricht, dass es keine Einreisebeschränkungen gibt. Die Kapazität der Unterkünfte regelt vermutlich die Anzahl der Besucher.

2016 besuchten 209.000 Ausländer Bhutan, 35 % mehr als im Vorjahr. 90 % kamen als Tourist, die restlichen 10 % gaben an, aus geschäftlichen Gründen oder als Entwicklungshelfer bzw. Berater der Regierung tätig zu sein. (Quelle: http://www.tourism.gov.bt/)

Bus stop in Nubding. On the walls the phallus as a fertility symbol.
Bushaltestelle in Nubding. An den Wänden der Phallus als Fruchtbarkeitssymbol. Bhutaner machen sich nicht so oft auf die Reise. Der Zyklus der landwirtschaftlichen Arbeit lässt das nicht zu und wenn sie reisen, ist es eine Pilgerreise.

Pauschalreisende überweisen ihrem Reiseveranstalter den Gesamtpreis der Reise. Für sie gelten nachfolgende Hinweise nicht.

Vorgehensweise für Individualreisende

Das Tourism Council of Bhutan gibt folgendes vor

1. Reiseverlauf vorlegen

Der gewünschte Reiseverlauf wird dem lokalen Reiseveranstalter (in Bhutan) oder einem seiner internationalen Partner vorgelegt. Hier sollten alle Museen, Dzongs und Orte aufgelistet sein, damit das entsprechende Permit erteilt werden kann. Daraufhin wird die Tour durch den Veranstalter erarbeitet und eine Rechnung erstellt.

2. Reisekosten begleichen

Bevor das Tourism Council das Visum ausstellt, müssen die kompletten Reisekosten per Banküberweisung beglichen sein.

Höhe der Reisekosten

Das Minimum-Tagespaket kostet ab 3 Personen in den Monaten März, April, Mai, September, Oktober und November 250 USD pro Person.

In den Monaten Januar, Februar, Juni, Juli, August und Dezember sind 200 USD pro Person zu entrichten.

Das Minimum-Tagespaket erhöht sich um 30 USD pro Person bei einer Kleingruppe von nur 2 Reisenden.

Einzelreisende zahlen zum Grund-Tagespreis 40 USD auf.

Im zwingend vorgeschriebenen Minimum-Tagespaket sind enthalten:
Alle Mahlzeiten, ein lizenzierter Tour-Guide aus Bhutan für die gesamte Dauer des Aufenthalts, alle Transportkosten während der Reise (auch während des Trekkings), Camping-Ausrüstung während einer Trekking-Tour, interne Steuern und Gebühren, der Aufenthalt in einer Unterkunft / Hotel / Lodge mindestens im 3-Sterne-Standard.

Von diesem Paket-Preis gehen 65 USD direkt in einen Fond zur Förderung des Gesundheitswesens und der kostenlosen Schulbildung. Außerdem ist darin die Gebühr für das Visum in Höhe von 40 USD enthalten.

3. Visum nach Eingang der Zahlung

Nach dem Eingang der Zahlung auf das Konto des Tourism Council of Bhutan wird das Visum erteilt.

Kein Visa on Arrival!

Diese Maßnahmen schließen Massentourismus aus. Das Durchschnittsalter der Reisenden liegt lt. Statistik bei 56 Jahren, wen wundert’s.

Einreise – Flug

Üblicherweise wird der Flug nach Bhutan von einem lokalen Reiseveranstalter oder seinem internationalen Partner organisiert. Die Einreise kann von bzw. über Thailand (Bangkok), Indien (New Delhi, Mumbai, Kolkata, Gaya, Bogdogra und Gauhati), von Nepal (Kathmandu), Bangladesh (Dhaka) und Singapur erfolgen. Der Flug nach Bhutan wird ausschließlich von Drukair durchgeführt – näheres unter Anreise.

Einreise – Landweg

Die Einreise aus dem Landweg über Indien ist möglich.
Süd-West: Über Bagdogra / Indien zum Grenzübergang  Phuentsholingin / Bhutan.
Süd-Ost: Über Gauhati / Indien nach Samdrup Jongkh / Bhutan.

Reise-Durchführung

In Bhutan angekommen, wird man vom Guide in Empfang genommen.

Der lizenzierte Tour-Guide

ist für jeden Individualreisenden im ersten Moment ein Schreckgespenst. Man sieht sich hinter eine Fahne herlaufen und so weiter …

Die Angst ist völlig unbegründet. Auf unseren Reisen durch die entlegenen Himalaya- und Vor-Himalaya-Regionen waren wir immer auf Dolmetscher und ortskundige Führer angewiesen und nichts anderes ist dieser Tour-Guide, denn wer von uns spricht schon Dzongkha. Wir sollten uns freuen, dass wir nun alles vor Ort in Erfahrung bringen können, was uns interessiert.

Der Tour Guide: Dolmetscher, ortskundiger Führer, Freund.

Bargeld

Da die Reise vorbereitet ist, benötigt man Bargeld nur noch für Mitbringsel und den persönlichen Bedarf. Die Landeswährung ist der Ngultrum (Nu), sein Wert wurde an die indische Rupie gekoppelt. In größeren Orten besteht an ATM-Automaten die Möglichkeit mit Visa oder Master Card Geld abzuheben.

Unterkunft

Die Qualität der Unterkünfte ist, um das vorweg zu nehmen, sehr gut. Vom ganz normalen Hotelzimmer in Thimphu, wie man es weltweit erwartet, über eine Luxus-Lodge, bis zum rustikalen holzvertäfelten Kämmerchen, in dem der Böllerofen glüht, in Bumthang oder in einem Privat-Haus während eines Homestays. Im Allgemeinen wird sich jeder wohlfühlen, der die Berge liebt und Hütten-Atmosphäre genießen kann.

Things to do in Bhutan

Was kann man in Bhutan tun, sehen oder erleben? Selbst, wenn man sich „nur“ auf eine Trekking-Tour begibt, wird sie unweigerlich irgendetwas mit dem Buddhismus zu tun haben. Der Gangkhar Puensum ist der weltweit höchste Berg (7.570), der noch nie bestiegen wurde. Das wird sich voraussichtlich nicht ändern, denn 1994 verbot die Regierung das Bergsteigen über eine Höhe von 6.000 Metern hinaus per Gesetz, weil die Gipfel als Wohnstätte der Geister und Götter gelten.

View from Kyichu-Lhakhang

Die individuelle Reise kommt für uns eher infrage. Wir sandten den gewünschten Reiseverlauf an ein Partner-Reisebüro in Kathmandu. Dieses beantragte die entsprechenden Erlaubnisse für Dzongs, Museen und Werkstätten. Schließlich kam eine zweiwöchige Reise von West nach Ost zustande.

Geleitet durch den (2009) einzigen Reiseführer der Tibetologin Francoise Pommaret, wollten wir von Ort zu Ort ziehen, von Tempel zu Tempel und die Festungsburgen besuchen. Wir hatten uns vorgenommen, all das anzusehen, was den Bhutanern selbst wichtig und vor allem heilig ist. Außerdem beginnt im April die Rhododendron-Blüte.

Bhutan
Eine Reise durch (fast) alle Dzongs bis an Tibets Grenze

Anreise

Padmasambhava kam im 8. Jahrhundert auf dem Rücken eines Tigers geflogen und brachte den Buddhismus mit. Jawaharlal Nehru ritt mit seiner Tochter Indira Gandhi 1958 noch auf einem Esel nach Bhutan, sagt man. Damals verband lediglich ein Handelsweg beide Länder.

Druk Air

Die An- bzw. Einreise nach Bhutan ist heute eher ein technisches Abenteuer. Vier Maschinen nennt die landeseigene Fluggesellschaft Druk Air ihr Eigen. Sie starten in Indien, Bangladesch, Singapur, Nepal oder Thailand (Siehe Punkt 4.) und landen im Paro-Tal. Nur hier bot sich die Möglichkeit einen Flugplatz errichten zu können, weil das Tal breit genug ist, die Spanne eines Fluggerätes aufnehmen zu können.

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Video-Link: https://www.youtube.com/watch?v=rmGy7qcDwQU

Terrain ahead! Terrain ahead!

Wenn Sie diesen Satz in einem Flugzeug hören, heißt das üblicherweise nichts Gutes. In Bhutan bedeutet es, dass der Pilot zum Landeanflug auf Paro ansetzt. Nur 8 Flugkapitäne besitzen eine Lizenz um den schwierigsten Anflug der Welt auf der 1964 m langen Start- und Landebahn zu meistern. Nicht nur die geografische Lage, die Thermik und das unberechenbare Bergwetter stellt sie vor größte Herausforderungen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Pilot durch das gewundene Tal nur nach Sicht fliegen kann.

Wir wählten die Anreise über Kathmandu. Weiße schneebedeckte Felsmassive ragen weit über den Wolkenteppich hinaus, der hier die Welt der Menschen unten vom Reich der Götter oben trennt. Sie strahlen im Glanz der Sonne unerreichbar in ewiger Ruhe vor der leuchtend blauen Atmosphäre.

Inmitten dieser Erhabenheit liegt das grüne Kathmandu-Tal auf einem Hochplateau. Einen schöneren Ort, um Körper und Geist an den Himalaya, an Götter, Buddhas, Bodhisattwas und leibhaftige Wiedergeburten zu akklimatisieren gibt es nicht. Die Stadt öffnet uns für neue Dimensionen und ist ein überraschendes Geschenk.

Der internationale Flughafen Paro in Bhutan.
Paro Airport

Der Pilot dreht die Maschine in das Tal des Paro Chhu. Fast eine Viertelstunde gleiten wir gefährlich nahe neben den einschließenden Bergen. Die Gehöfte der Bauern, die an den Kämmen liegen, befinden sich nun über uns und wir schauen aus den Fenstern unseres Airbus zu ihren Häusern hinauf. Jetzt noch eine Kurve durch das gewundene Tal, dann gibt es kein Zurück mehr. Die Landebahn kommt in Sicht, wir genießen den ersten Höhepunkt unserer Reise.

PARO
སྤ་རོ་

Kuzuzangpola Paro. In Paro ist die Luft klar wie Kristall-Glas. Am Flughafen wartet Mr. R. B. Gurung, der Guide, den wir der Einfachheit halber Mr. Arbi nennen dürfen und Mr. Prem,  unser Fahrer.  Sie tragen das traditionelle Gewand, den Gho, mit langen schwarzen Kniestrümpfen. Ihre Füße stecken in blank polierten Halbschuhen.

Paro gilt neben der Hauptstadt Thimphu als eine große Stadt. Nach unseren europäischen Maßstäben ist sie eher beschaulich. Seltsamerweise fühle ich mich sofort heimisch. Nichts scheint wirklich fremd. Weiden säumen die Straßen, gerade beginnt der Frühling, es ist April. In den Gärten blühen Apfelbäume vor großen dreistöckigen bunt bemalten Fachwerkhäusern aus gestampfter Erde.

Am Paro Chhu etwas außerhalb beziehen wir einen gemütlichen Rundbungalow, der den Zelten der Mongolen sehr ähnlich ist. Auch die Einrichtung mutet mongolisch an. Den Tisch bildet eine bunt bemalte Holztruhe, die Betten sind solide Zimmermannsarbeit.

The Paro Chhu.
Der Paro Chhu.

Gleich nach unserer Ankunft steht das Mittagessen auf dem Tisch. Wir bekommen einen Vorgeschmack auf die nächsten Wochen. Die bhutanische Küche spiegelt die harten Lebensbedingungen in den abgeschlossenen Tälern des Himalayas wider: Eine einfache Kost aus gesammelten Wildpflanzen, wildwachsendem Gemüse wie Spargel und die Sprösslinge großer Farne, die sehr knackig und lecker sind, Pilze und Buchweizen.

Am berühmten roten Reis mit einer großen Portion Chili und Käse, den man hier Datsi nennt, wird unsere Bhutantauglichkeit noch gemessen werden.

Hemadatsi
Hemadatsi – Chili und Yakmilch-Käse sind gemeinsam mit roten Reis Grundnahrungsmittel!

Yak Milk Cheese

Der Kyichu-Lhakhang

stand auf unserer Wunschliste für Paro ganz oben. Nach einer Legende ließ sich eine Riesen-Dämonin auf dem gesamten Himalaya nieder, um dadurch die Ausbreitung des Buddhismus zu verhindern. Um sie zu unterwerfen, beschloss der König 108 Tempel auf den wichtigsten Stellen ihres Körpers zu errichten.

Der Jokhang-Tempel in Lhasa (Tibet) wurde im Jahr 638 direkt auf dem Herzen der Dämonin errichtet, der Kyichu-Lhakhang 659 auf dem linken Fuß. An diesem Tag kamen wir jedoch nur in den Innenhof, da sich gerade die Königin-Mutter Ashi Dorji Wangmo Wangchuck, die älteste der vier Frauen des 4. Königs Jigme Singye Wangchuck, dort aufhielt.

Paro, Kyichu Lhakhang
Kyichu-Lhakhang

Der Taktshang-Lhakhang,

auch berühmt als das Tigernest, ist ein weiteres Ziel im Paro-Tal. Er gilt als eine der wichtigsten Pilgerstätten der Buddhisten im Himalaya und dient als häufigstes Fotomotiv in touristischen Journalen. Spektakulär kleben die Tempel und kleinen Nebengelasse in 3.120 m an einer scheinbar unbezwingbaren schwarzen Felswand.

Bhutan, way to Taktshang.

800 Höhenmeter wandern wir durch einen stillen Nadelwald. Seit den 90er Jahren ist der Holzexport verboten. Laut Verfassung müssen 60 % des Landes bewaldet sein. Aktuell sollen es 80 % sein.  Flechten berühren sanft unsere Köpfe. Wie Geisterhaar schweben sie von den Zweigen im Wind und geben ab und zu den Blick auf den großen Felsen frei, an dem das Tigernest haftet. Immer wieder im Blick und immer wieder gleich weit entfernt. Ab und zu reitet ein Pilger auf einem kleinen bunt geschmückten Pferd vorüber. Der Taktshang wurde 1692 um die Höhle gebaut, in der Guru Padmasambhava drei Jahre meditiert haben soll. Milarepa, einer der berühmtesten Poeten und Yogis Tibets, meditierte im 11. Jahrhundert ebenfalls hier.

Taktshang Pelphug
Der Taktshang Pelphug (Tempelkomplex). Kurze Rast vor dem letzten Ab- und Anstieg.

Kleiderordnung

Jeder, der schon einmal in Asien war weiß, dass das Tragen von Schuhen in Tempelanlagen nicht erlaubt ist. Es wird gerne gesehen, wenn der Besucher angemessen gekleidet ist. T-Shirts sollten mindestens einen kleinen Ärmel haben und Röcke nicht allzu kurz sein. Am Taktshang angekommen, werden zuerst Rucksäcke und Schuhe eingesammelt und der Fotoapparat.

Fotografieren nicht erlaubt!

Zum einen soll die Spiritualität im Taktshang und allen anderen Tempel-Innenräumen nicht gestört werden, zum anderen sind sie mit schutzwürdigen Kunstgegenständen angefüllt. Nun, nackt ohne ein einziges Instrument, das unser Hiersein dokumentiert und in die Welt getragen werden kann, hat der Geist Ruhe den Ort zu begreifen.

Nicht jeder Raum wird für die gesamte Pilgerschar geöffnet. An vielen Wänden sind religiöse Darstellungen mit gelben Seidentüchern verdeckt. Der Anblick dieser Götter, Dämonen, Formen und Farben ist nur den im Buddhismus weiter Vorangeschrittenen erlaubt, nur ihnen erschließt sich der Sinn der Symbolik, in der Gottheiten für geistige Zustände stehen.

Die tantrische Form des Mahayana-Buddhismus

wird in Bhutan seit dem 8. Jahrhundert als Staatsreligion ausgeübt. Im Buddhismus besteht die fundamentale Glaubensvorstellung, dass die Auswirkungen des vorangegangenen Lebens alle Lebewesen zur Reinkarnation zwingen.

Wiedergeburt

heißt nicht in einem identischen Körper, sondern nur Wiedergeburt des Bewusstseins dieses Menschen. Daher sollte alles menschliche Streben auf Erleuchtung ausgerichtet sein.

Bhutan - Wheel of life.
Yama, der Herr über den Tod, hält das Lebensrad. Im inneren Kreis sind sechs Lebensbereiche dargestellt, in die wir wiedergeboren werden können. Der äußere Ring zeigt die zwölf Abhängigkeiten oder Ursachen für unsere Wiedergeburt.

Erleuchtung

bedeutet die Erlösung aus dem Kreislauf der Wiedergeburten und dem Eingehen in das Nirwana, in dem jedes Leiden, das Antriebsmotor der Existenz ist, überwunden wird. Dieser Zustand des Nicht-Leides (Nirwana) bedeutet, dass es keinen Unterschied mehr gibt zwischen Objekt und Subjekt.

Die Welt der Dinge wird

im Buddhismus als Phänomen betrachtet, sie besitzt keine objektive Wirklichkeit, außer in der relativen Welt der Menschen. Es gibt verschiedene Wege diese Leere zu erreichen, einer davon sind die Läuterung und nicht die Unterdrückung der Leidenschaften. Dabei unterstützen Buddhas (bereits erleuchtete Wesen) die Menschen, indem sie auf den Eingang in das Nirwana verzichtet haben und freiwillig in die Welt der Menschen wiedergeboren wurden, um ihnen dabei zu helfen, ebenfalls die Erleuchtung zu erlangen.

Nur wenn man einige Grundlagen des Buddhismus kennt, versteht man die Druk-pa (Bhutaner) und ihr Handeln  besser. Ganz selbstverständlich steht dort zum Beispiel dem Kloster die Wiedergeburt eines Geistlichen vor, der hier schon vor hunderten Jahren wirkte und dementsprechend hoch verehrt wird.

In allen Klöstern führen die Mönche aus dieser geistigen Vorstellung heraus Rituale durch. Sie sollen negative Zustände und Bedingungen neutralisieren und den Menschen helfen, einen Zustand zu erreichen in dem sie allen Lebewesen Gutes bringen können.

Bhutan- Mongar Dzong
Mönche üben im Mongar Dzong das Dungche-Spiel.

 

Im Taktshang ist eine Zeremonie im Gange. In der winzigen Klause, die wie ein Schwalbennest am Felsen klebt, sitzen wenige Mönche am Boden vor den Buddha-Statuen, Opferkuchen und Butterlampen. Dabei rezitierten sie abwechselnd religiöse Texte, blasen in Muschelhörner und Dungchen, ein Mönch schlägt auf die große Nga, die Drilbu klingelt.

Taktshang, Tigernest
Taktshang Pelphug

Der niedrige Raum ist eng. Kleine schmale Fensteröffnungen reichen bis auf den Boden und lassen nur diffuses Licht auf die Buddhas fallen. Selbst wenn man kein Meister des tantrischen Buddhismus ist, wird man von der Ernsthaftigkeit des Bestrebens erfasst, allein durch die Kraft des Geistes allen Menschen der Welt Wohlergehen bringen zu wollen. Wir legen einige Ngultrum vor die Opferschalen. Die tiefen warmen Töne der Dungchen berühren uns und reißen an unserer Seele. Nun sind wir wohl in Bhutan angekommen.

Der Dzong

An allen strategisch wichtigen Punkten erheben sich in Bhutan die buddhistischen Klosterburgen. In ihnen befinden sich die lokale weltliche Verwaltung, das Gericht und die zentrale und regionale Klostergemeinschaft.

Bhutan, Mongar Dzong, Gerichtshof, Court of Justice
Mongar Dzong – Gerichtshof

Das Land teilt sich in zwanzig Dzongkhangs (Distrikte). Der Dzongdag ist der Distrikt-Verwalter, dem wieder ein Assistent unterstellt wurde. Die Verwaltung gliedert sich weiter demokratisch bis zu den Dorfvorstehern und Friedensrichtern vor Ort an den abgelegenen Plätzen und unzugänglichen Hochebenen.

Bhutan ist seit 1907 eine

Konstitutionelle Monarchie.

Im November 2008 übergab der 4. König die Macht an seinen 28-jährigen Sohn Jigme Khesar Namgyel Wangchuck. Es gibt wohl weltweit kein anderes Land, in dem die Monarchie so jung (ab 1907) und populär zugleich ist und wo sie sich selbst auf dem Höhepunkt ihrer Beliebtheit durch die Einführung demokratischer Systeme quasi gerade wieder abschafft.

Die Bhutaner lieben und verehren ihren König. Aber muss man nicht einen König lieben, der in der Verfassung die Sicherung des Brutto-Sozial-Glücks eines jeden Bürgers gesetzlich verankert hat?

Bhutans Könige – 100 Jahre Frieden, Einheit und Glück.
Bhutans Könige – 100 Jahre Frieden, Einheit und Glück.

Der Paro-Dzong

Rinpung Dzong oder einfach nur Festung des Juwelenhaufens, ist eine imposante Burg.

Bhutan - Paro Dzong
Paro Dzong – Herren betreten ihn nur mit dem obligatorischen Zeremonialschal (Kabne).

Bhutan war nie kolonialisiert, stand aber zeitweise unter dem Protektorat der Ostindischen Kompanie. Die Feudalfürsten jener Zeit wehrten sich erfolgreich gegen äußere Angriffe. Neben dem Sitz der Verwaltung des Paro-Distrikts leben in den Gebäuden über 200 Mönche.

Bhutan Paro Dzong
Paro Dzong

Wieder barfuß sehen wir hier zum ersten Mal, wie im Schutz meterdicker Mauern die Zeit scheinbar erstarrte. Kinder-Mönche, vielleicht sieben oder acht Jahre alt, sitzen in ihren roten Gewändern mit nackten Armen im Halbdunkel eines kahlen kalten riesigen Raumes auf uralten Zedernholzplanken und studieren unter Aufsicht des Lamas buddhistische Texte aus Palmblattbüchern. Jedes Kind liest laut vor sich hin und wiegt dabei den Körper im eigenen Rhythmus hin und her, so wie man es von den Koran-Schulen kennt. Das Psalmodieren und Wiegen schläfert den einen oder anderen schon einmal ein. Dieser Anblick muss Bernardo Bertolucci zu seinem Film Little Buddha inspiriert haben; einige Szenen wurden im Paro-Dzong gedreht.

Bhutan Paro Dzong
Das Fotografieren in Dzongs und Tempel-Innenräumen ist verboten, wurde mir nach diesem Foto gesagt!

Die Kargheit des Raumes, die keine optische Ablenkung zulässt, der jahrhundertealte Text voller Weisheit, von Generation zu Generation unverändert weitergegeben und das Ziel der eigenen Selbstvervollkommnung, das alle vereint, schmieden ein Band über hunderte Jahre hinweg, zwischen dem Vergangenen und dem Kommenden.

Paro Ta Dzong
Ta Dzong. Der ehemalige Wachturm beherbergt das sehenswerte Nationalmuseum Bhutans.

Nachdem wir Paro verlassen, wird das Tal enger, die Berge kahler und braun. Die Straße nach Thimphu ist hervorragend ausgebaut. Sie führt durch das gleichnamige Thimphu-Tal, durch das der Fluss Thimphu seinen Lauf nimmt. Unterwegs kommen wir an einem kleinen Wasserkraftwerk vorbei. Bhutan erzeugt Hydro-Energie. Das Land im Himalaya ist weitgehend elektrifiziert. Es gibt nur wenige Täler, in die man aus Naturschutzgründen keine Hochspannungsleitungen verlegt hat. Dort tragen die Dächer der Bauernhäuser Solarzellen.

Bhutan, Iron Chain Bridge
Paro – Thimphu – Die Iron Chain Bridge

THIMPHU
ཐིམ་ཕུ

Bhutans Hauptstadt besitzt Charakter und Eigenheiten. Wird irgendwo auf der Welt über Bhutan berichtet, spricht man amüsiert über die Verkehrsregelung in Thimphu. Diese Hauptstadt besitzt keine Ampeln. Die Regierung musste ihren Wunsch nach drastischer Verkehrslenkung durch unpersönliche Lichtreize aufgeben. Damit können Bhutaner nichts anfangen. Also schuf man an der Hauptkreuzung einen Kreisverkehr. In diesem steht in einem traditionell gebauten Holzhäuschen ein weiß behandschuhter Verkehrspolizist und signalisiert mit akrobatisch-tänzerischen Bewegungen, wer fahren darf und wer nicht. Freundlich grüßt er jeden, den er kennt.

Bhutan, Thimphu
Thimphu – Hauptstadt ohne Ampeln.

In Thimphu leben ungefähr 50.000 Einwohner, hauptsächlich Angehörige der Regierung, Beamte und Mitglieder des Königshauses. Am Abend, nach 17.00 Uhr, wenn die Ministerien Dienstschluss haben, besichtigen wir den

Tashichoe-Dzong

In der Festung der glückverheißenden Religion, was Tashichoe Dzong übersetzt bedeutet, befindet sich der Sitz der Regierung. Nachdem ein Feuer 1772 den ursprünglichen Bau, der sich in einer strategisch günstigeren Lage befunden hatte, zerstörte, wurde er auf dem heutigen Platz ganz untypisch auf ebenem Gelände errichtet. Der neue Dzong, so wie wir ihn heute sehen können, wurde erst 1969 eingeweiht.

Bhutan, Thimphu, Tashichoe Dzong
Thimphu – Im Tashichoe-Dzong befindet sich der Sitz der Regierung.

Während wir den Innenhof betreten, verlassen die Beamten gerade ihre Arbeitsplätze. Alle Männer tragen in Bhutan das traditionelle Gewand, den Go und im Dzong zusätzlich einen Zeremonial-Schal. Ohne diesen Schal kein Eintritt in den Dzong!Frauen kleiden sich mit einem knöchellangen Wickelrock, der Kira und einer Jacke, die Tego, aus Seide oder Brokat, die mit einer Brosche, der Koma, zusammengehalten wird.

Traditionelle Kleidung

wird in Bhutan hergestellt und das wiederum nur auf traditionellen Webstühlen in Handarbeit. Das Muster drückt den sozialen Status aus. Wir bekommen später Gelegenheit in einer Manufaktur beim Weben zusehen zu dürfen. Die Kostbarkeit des Materials, die ungewöhnliche Kompliziertheit der Muster, die Farbigkeit und die Handarbeit – unbezahlbare Kunst. Kleidungsstücke sind oft als teure Auftragsarbeit angefertigt. Der Preis kann zwischen 1000 und 2000 € betragen.

Bhutan, Weaving
Traditionelle Webarbeiten Bhutans

Die Regierung erwartet von ihren Bürgern, dass sie zu offiziellen Anlässen, also am Arbeitsplatz und in der Öffentlichkeit, in traditioneller Kleidung erscheinen. Die kulturelle Identität des Landes soll damit bewahrt werden. Auf dem Land ist das generell kein Thema, obwohl sicher der eine oder andere Jugendliche gerne mal eine Jeans anzieht. 2009 konnte man westliche Kleidung und Jeans nur in Indien  erwerben.

Bhutan, Bumthang, Chamkhar
Bumthang – Chamkhar

Die Landbevölkerung und das ist die Mehrheit, hat kein Geld für Waren der Konsumgesellschaft. Statistisch betrachtet gehört Bhutan zu den ärmsten Ländern der Welt, wenn man ein Pro-Kopf-Einkommen ansetzt (2.719 USD im Jahr). Das sogenannte Pro-Kopf-Einkommen ist jedoch eine Maßeinheit der westlichen Welt und in Bhutan von untergeordneter Bedeutung.

Bhutan Shopping

Die Menschen können sich mit Lebensmitteln, Kleidung und Baumaterial selbst versorgen. Bhutan führte erst 1999 das Fernsehen und das Internet ein. Inzwischen besitzt rund die Hälfte der Bevölkerung einen Apparat, so besteht immer noch eine relativ geringe Gefahr, künstliche Bedürfnisse zu erzeugen.

Bhutan, Bumthang, farmers
Bäuerinnen aus Bumthang

Die Nationalbibliothek in Thimphu

besichtigen wir einen Tag später. Dort lagern unzählige Manuskripte, Holzschnitte, 9000 Holz-Druckstöcke über den Buddhismus, den Himalaya sowie das komplette Epos über den tibetischen König Gesar Ling.

40.000 Schriften, 200.000 Bände, Prof. Dr. Per Kjeld Sørensen von der Universität Leipzig unterstützt seit 1996 die umfängliche Erfassung des Bestandes mit modernen Mitteln.

Thimphu Nationalbibliothek
Thimphu Nationalbibliothek

In der Nähe befindet sich die Schule der schönen Künste.

Zorig Chusum

Dort werden Jugendliche in den 13 traditionellen Künsten unterrichtet, unter anderem im Sticken, in der Malerei, der Ton-Plastik und dem Holz-Schnitzen. Vor unserem Rückflug trafen wir in Paro eine Kanadierin, die Entwicklungshilfe durch Kunstunterricht anbot. Sie beklagte, dass es den Bhutanern einfach unmöglich sei, tatsächlich Kunst auszuüben. Sie hielten sich sklavisch an die Buddhistische Ikonografie, die keine persönliche Entfaltung möglich machen würde …

Thimphu Zorig Chusum
Thimphu Zorig Chusum

Das National Referral Hospital

ist ein Krankenhaus, das dem Weg der traditionellen tibetischen (bhutanischen) Medizin folgt. In dem Gebäudekomplex befindet sich außerdem eine traditionelle Apotheke, die selbst hergestellte natürliche Produkte vertreibt: Zimt-Tees, Kapseln mit vitalisierendem Pulver aus dem berühmten Raupenpilz Jartsa Gumbu und vieles mehr. Außerdem deckt sie den Bedarf zur Versorgung der Patienten. Die kostenlose medizinische Versorgung wird in Bhutan, bis in den letzten Weiler, durch kleine Krankenstationen gewährleistet.

Da ich seit frühster Kindheit verschiedene Beschwerden mit mir herumtrage, gilt in jedem Land ein Besuch dem Medizinmann, Schamanen, Heiler oder wie hier in Bhutan dem traditionellen Krankenhaus. Ich besitze also eine gewisse Erfahrung, bin völlig unvoreingenommen und habe keinerlei Erwartungen. Mein Motto lautet: Es kann ja nicht schaden. Mr. Arbi organisiert sofort einen Termin.

Die Ärztin hörte sich meine Geschichte an, begutachtete die Zunge und erfühlte die verschiedenen Pulse. Die Diagnose lautet englisch-bhutanisch: „To much Lung!“. Die Behandlung bestand aus einer Akupunktur-Sitzung. Eine goldene Nadel, die eher einem Nagel ähnlich sah, wurde über offenem Feuer erhitzt und direkt auf dem höchsten Scheitelpunkt meines Kopfes eingestochen. Danach versorgte mich der Apotheker mit dreierlei Kapseln für 4 Wochen. Später auf unserer Rückreise sollte ich mich wieder vorstellen.

Am Nachmittag besuchten wir die

Papier-Manufaktur Jungzi.

Im nassen halbdunklen Raum kocht in großen Bottichen die innere Rinde von Daphne- und Edgeworthia-Sträuchern. Aus dem später mit Asche vermischten Brei schöpfen Arbeiter mit Holzrahmen den nassen Bogen. Nach der Trocknung entsteht ein gegen Insektenfraß gewappnetes Papier. Je nach Verwendung verschönern Blüten und gepresste Blätter den fertigen Bogen. In einem anderen Raum falten, kleben und bemalen zwei Männer in Handarbeit Tüten, Umschläge und Karten in meditativer Langsamkeit und absoluter Stille. Ja, hier könnten wir uns ein Arbeitsleben bis zum siebenundsechzigsten Lebensjahr durchaus vorstellen!

Das rote Kloster in Zilukha

Thangthong Dewachen,

das von 60 Nonnen bewohnt wird, wurde 1976 von Rikey Jigdrel, der Wiedergeburt des 1485 verstorbenen Thang Tong Gyalpo, erbaut. Von hier hat man einen wunderschönen Blick über das Thimphu-Tal.

Thangthong Dewachen Blick auf das Thimphu-Tal
Thangthong Dewachen Blick auf das Thimphu-Tal

Abends hasteten wir in der Dunkelheit Thimphus durch die winzigen Läden, um einige Andenken zu ergattern. Mitbringsel bestehen aus bhutanischem Papier, Briefmarken, Tee, Haushaltsgeräten aus Bambus oder kostbaren Stoffen. Gern hätten wir uns in eine der vielen kleinen gemütlichen Trinkstuben gesetzt, um in Ruhe beobachten zu können, aber in Bhutan ist für Ausländer Time tatsächlich Money.

Bevor wir am nächsten Tag unsere Fahrt nach Wangdue fortsetzten, ging es in das

Takin Preserve Motithang.

Der Takin kommt nur in den östlichen Ausläufern des Himalayas vor. Sein Kopf ähnelt einer kräftigen Ziege, der Körper scheint einer Kuh zu gehören. Zu seiner Entstehung gibt es natürlich wieder eine Legende.

Gleich hinter Thimphu steigt die kurvenreiche Straße rasch an. Das Tal wird schmaler. An den Straßenrändern sieht man Frauen mit großen Körben voller Äpfel stehen. An Gestellen hängen Schnüre mit getrockneten Käsewürfeln. Ab und zu verkaufen sie hier illegale indische Zigaretten.

Straßenhändlerin
Straßenhändlerin

Rauchen verboten – Tobacco Control Act of Bhutan!

Der Tobacco Control Act of Bhutan verbietet seit 2010 den Anbau, die Ernte und den Konsum von Tabak! Das hat Tradition. Bereits der erste König Ugyen Wangchuck kämpfte ab 1916 gegen das Laster des Rauchens. 2012 entkräftete das Parlament das strikte Verbot. Nun ist es Personen zumindest erlaubt, Produkte aus Tabak für den eigenen Verbrauch nach Bhutan einzuführen.

Weitere beliebte Laster sind der Alkoholgenuss, das Kauen von Doma (Betelnuss) und das ungezügelte Verschlingen von Ema Datshi, einer höllisch scharfen Chili-Käse-Sauce. Diese traditionellen Gewohnheiten sollten dann ebenfalls verboten werden, werfen Kritiker den Gesetzgebern vor.

Auf unserer Reise von West nach Ost passieren wir täglich viele Schilder, die auf die Gefahren von Alkohol, Zigaretten und ungeschützten Sex hinweisen.

Bhutan - Say no to alcohol

Auf dem Weg von Thimpu nach Punakha überqueren wir in 3050 m den

Dochula-Pass

Im Herbst soll man von hier aus die ganze Himalaya-Kette sehen können, doch jetzt bläst der Wind eiskalt und die ersten Pink blühenden Rhododendren, groß wie Kastanienbäume, leuchten aus dem moosigen Urwald.

Dochula-Pass
Dochula-Pass

Der Höhenunterschied zwischen Pass und Tal beträgt 1700 Meter. Ashi Dorji Wangmo Wangchuk, die Königin Mutter, ließ die 108 eindrucksvolle Chorten auf dem Pass errichten. 108 DIE ZAHL im Buddhismus. 108 Bände umfassen die Lehren Buddhas, 108 Perlen befinden sich auf der Mala, 108 Mantras sind zu beten, um Verdienste anzusammeln.

Wir hängen unsere Gebetsfahnen zu den vielen anderen, damit das Windpferd die Wünsche in die Welt tragen kann. Dann steuert Mr. Prem unseren Kleinbus wieder bergab. Wir durchqueren mehrere Klimazonen, auf Laubwälder folgen Organgenhaine. Kurz vor Wangdue sind die Hänge nur noch kahl. Üppig blühende Kakteen säumen den Straßenrand.

Wangdue Phodrang Dzong 2009
Wangdue Phodrang Dzong 2009

Schon von weitem sieht man auf einem Felsvorsprung den Dzong.  Er thront über dem Puna Tsang Chhu, der ein Nebenfluss des gewaltigen Brahmaputra ist. Wir folgten eine Zeit seinem Lauf und sollten nun die Brücke überqueren. Dort befindet sich ein Schlagbaum. Jeder Reisende muss sein Fahrzeug verlassen und an einen Schalter treten, um seine Erlaubnisse und Identitätsnachweise vorzuzeigen.

Checkpoint Wangdue
Checkpoint Wangdue

Der Beamte trägt das Woher und Wohin handschriftlich in ein großes Buch ein. Mr. R. B. und Mr. Prem schwatzen mit den uniformierten Beamten. Da es keine Alternative zu diesem Weg gibt und Bhutan nur diese eine Hauptstraße besitzt, wird jede Wanderbewegung exakt erfasst – den stattlichen Wegzoll haben wir ja schon vor Antritt der Reise entrichtet!

So eine Zwangspause ist immer eine gute Gelegenheit, sich ein wenig umzuschauen. Als Erstes fällt uns ein kleiner, hübsch gestalteter Holz-Kasten ins Auge, aus dem jeder Mann und jede Frau kostenlose Kondome entnehmen kann. Und hat man sie erst einmal wahrgenommen, so sieht man sie überall. An jeder Polizeistation zum Beispiel und  immer wieder entlang der Straße.

HIV in Bhutan

Pandup Thsering, Karma Lhazeen und Namgay Thesring berichten über der Verlauf der Infektion in Bhutan: Bis zum Jahresende 2015 wurden 470 Fälle vom STI (Sexually transmitted disease) and HIV/AIDS Control Programme des Gesundheitswesens erfasst. Die meisten Fälle traten durch ungeschützten Sex bei Heterosexuellen in einer städtischen Atmosphäre auf. Der erste Fall wurde 1993 bekannt.

Hier an einer Polizeistation und sonst an vielen anderen öffentlichen Plätzen: Kondom-Box für Jedermann.
Hier an einer Polizeistation und sonst an vielen anderen öffentlichen Plätzen: Kondom-Box für Jedermann.

Um den Check Point verkaufen Händlerinnen Farn-Gemüse und kleine köstliche Bananen.

Farngemüse

Kinder kommen von der Schule über den Fluss. Sie setzen sich artig mit ihren Freunden in Position und freuen sich, fotografiert zu werden und sie sind für uns ein Phänomen. Nicht selten passiert es, dass wir durch eine kleine Siedlung fahren und natürlich, wir fahren immer langsam. Die Kinder laufen in kleinen Gruppen heimwärts.  Sobald sie unser Fahrzeug erblicken, begeben sie sich an den Straßenrand, machen einen angedeuteten Diener und mit ihrer rechten Hand eine ausladende Verbeugung in unsere Richtung.

Bhutan - Children

Es fühlt sich an, als ob wir in König Drosselbarts goldener Kutsche durch seine Ländereien reisen und vom Bauernvolk begrüßt werden. Am Anfang denken wir, sie machen sich einen Spaß, aber Mr. Arbi sagt: „… das ist doch normal, sie grüßen fremde Erwachsene und zudem seid ihr noch Ausländer.“

Wir erreichen das Dorf

WANGDUE PHODRANG
དབང་འདུས་ཕོ་བྲང་རྫོང་ཁག་

Dort sehen die Häuser völlig anders aus. Sie bestehen aus Holz, reihen sich eng aneinander und stehen auf Pfählen oberhalb des Puna Tsang Chhu. Hier fehlte schlicht der Platz für die üblichen soliden Familien-Trutzburgen. Unser Bungalow im Kichu Resort steht direkt am Dang Chhu. An seinem Ufer tummeln sich Milliarden einer in der Himalaya-Region weit verbreiteten Mückenart. Ihr Stich geschieht unbemerkt und schmerzlos, hinterlässt aber eine lang anhaltende Blutung.

Abends sehen wir die Leute auf kleinen Pfaden an den Steilhängen nach Hause laufen.  Von den Hauptorten, die entlang der Straße liegen, führen oft nur tagelange Märsche zu den Gehöften und Weilern. Alle Waren und jedes Baumaterial muss über kleine Saumpfade geschleppt werden.

Der Weg nach Hause.

Zunächst führt uns unsere Reise von Wangdue nach

PUNAKHA
སྤུ་ན་ཁ་

das auf 1350 m liegt. Noch vor 35 Jahren soll hier nur der Dzong gestanden haben. Inzwischen gibt es eine kleine Siedlung und ein Krankenhaus, das durch die Unterstützung des Vereins ProBhutan e. V. aus Deutschland gebaut werden konnte.  ProBhutan, der Verein, gegründet von Herrn Nestroy, unser Botschafter a. D. in Indien, liegt uns sehr am Herzen. Vor unserer Reise konnte uns Herr Nestroy viele hilfreiche Informationen zu unserem Reiseziel geben. Und schließlich landeten zwei seiner schönen Bildbände als Geschenk für unsere Guides im Gepäck.

Freunde Bhutans, Vereine, Menschen aus den Bergen (Österreich und Schweiz) die sich den Bhutanern in einer besonderen Weise verbunden fühlen, geben Inspiration und Hilfe zur Selbsthilfe, die Bhutan dankbar annimmt. In der Webseite des Vereins ProBhutan e. V. können sie sich über Projekte  informieren. Der Verein ist ein gutes Beispiel für nachhaltigen Tourismus und den Austausch zwischen den Völkern, denn Bhutan gibt uns so viel zurück!

Wir besuchen eine pensionierte Ärztin aus Österreich, die 2009 das Krankenhaus in Punakha führt und sie hat Zeit für ein kurzes Gespräch. Viele Patienten kommen mit Magenproblemen. Bhutaner essen Unmengen Chili. Der berühmte Datsi, ein Yak-Käse, wird geschmolzen und mit Chili geschmort. Die höllisch scharfe Sauce kommt über den rötlichen bhutanischen Reis. Wir tasteten uns an dieses Nationalgericht langsam heran. In der letzten Woche aßen wir Ema Datsi, ohne dass uns der Schweiß über den Rücken rann. Wir hatten unsere Feuerprobe im wahrsten Sinne des Wortes bestanden.

Die Winzigkeit der Siedlung Punakha ist erstaunlich, weil Punakha über 300 Jahre die Winterresidenz der Herrscher des Landes war. Erst 1957 wurde Thimphu zur Hauptstadt. Die Mönche ziehen jedoch weiterhin für die 6 kältesten Monate des Jahres in den Punakha-Dzong.

Der Punakha-Dzong

oder Phuntang Dechen Phodrang-Dzong, wurde 1637 auf einer Landzunge am Zusammenfluss von Pho und Mo errichtet. Ein Fluss ist weiblich, weil er einem See entspringt, der andere männlich, weil er aus einem Gletscher stammt. Die Natur besitzt in Bhutan eine Seele und zu jedem Flecken gibt es mindestens eine Legende.

Bhutan Punakha Dzong in April www.explorations-travel.com
Punakha Dzong

Punakha Dzong – Der Neubau der Holz-Brücke in traditioneller Krag-Bauweise konnte im Mai 2008 feierlich übergeben werden. Der Verein ProBhutan e.V. hatte das ermöglicht, nachdem die alte Brücke aus dem 17. Jh. 1958 durch eine Flut zerstört worden war.

Um in den beeindruckenden Dzong hineinzugelangen, klettern wir über eine steile Holztreppe. Auch in den Innenhöfen führen nur mobile Holzleitern zu den Räumen der Verwaltung. Sie könnten jederzeit hinaufgezogen werden.

Steile Holzstufen führen in die Räume des Punakha Dzongs.
Punakha Dzong, steile Holzstufen führen in die Innenräume.

Die Dzongs sind in ihrer Äußerlichkeit seit Jahrhunderten bis in die Gegenwart unverändert Festungen geblieben. Die Beamten hinter den schweren bunt bemalten Holztüren schreiben ihre Berichte jedoch am Computer. Dzongs sind keine Museen, aber man kann ihre Innenhöfe betreten und mit den notwendigen Erlaubnissen darf man einige sakrale Räume des Klosters besichtigen. Hier bewährte sich wieder einmal unsere gute Reisevorbereitung. Jedes wichtige Gebäude in Bhutan stand auf unserer Liste.

Die reiche Ausmalung mit den Symbolen des Tantra-Buddhismus und die einzigartigen Architektur sind ästhetischer Höhepunkt in jedem Dzong.
Die reiche Ausmalung mit den Symbolen des Tantra-Buddhismus und die einzigartigen Architektur sind ästhetischer Höhepunkt in jedem Dzong.

Auf dem Weg zurück nach Wangdue Phodrang wanderten wir über eine Hochebene zum

Chime-Lhakhang,

der 1499 errichtet wurde. Ein heißer Wind fegte über das ausgetrocknete Land.

Chime-Lhakhang
Chime-Lhakhang

Neben der Darstellung der acht Kostbarkeiten finden sich an Bhutans Profanbauten zahlreiche Phallus-Gemälde und der Phallus aus Holz an den Ecken eines Hausdachs. Die Entstehung des Symbols wird Drukpa Kunley (1455-1529) zugeschrieben. Und es scheint nicht unwahrscheinlich, dass dem als „verrückter Heiliger“ oder „göttlicher Irrer“ bekannt gewordene Heiligen ein Streich gelungen ist, der die Jahrhunderte bis heute überdauerte.

Der Phallus als Fruchtbarkeitssymbol findet sich nur an den Wohnhäusern.
Der Phallus als Fruchtbarkeitssymbol findet sich nur an den Wohnhäusern.

Kunley wurde in Tibet im Kloster Ralung ausgebildet und war ein Schüler Pema Lingpas. Seine unorthodoxe Unterrichtsweise machte ihn bekannt. Es ist überliefert, dass er gerne lebte, nennen wir es einmal so, wenn man seinen anderen Namen hinzuzieht Der Heilige der 5.000 Frauen.

Viele Reisen führten ihn nach Bhutan. Vermutlich war ihm die animistische und schamanistische Bön-Tradition im tibetischen Raum wohl bekannt, in der der Phallus als Fruchtbarkeitssymbol eine Rolle spielte.

Die Darstellung des Phallus wird auf Drukpa Kunley zurückgeführt. Ein Relikt aus dem Bön?
Die Darstellung des Phallus wird auf Drukpa Kunley zurückgeführt. Ein Relikt aus dem Bön?

Die Lehrer jener Zeit benutzten Bilder, um Informationen fest in die Köpfe ihrer Schüler zu verankern. So wurden die Bön-Dämonen durch buddhistische Tempel in der Erde festgenagelt, auf Tigern geflogen und so weiter. Lama Drukpa Kunley, als buddhistischer Till Eulenspiegel, reizte es sicher sehr, wenn er den Bauern als Gegenentwurf quasi anbot, sie könnten auch mit einem hölzernen Phallus an ihren Hausdächern Dämonen unterwerfen, den Bösen Blick abwehren und die Fruchtbarkeit steigern.

Dass sich dieser Glaube in der Volkstradition bis heute hält, daran hätte Kunley seine Freunde gehabt. Sicher würde es ihm großen Spaß bereiten zu sehen, wie heute der Lama des Chime Lhakhang, den Drukpa Kunley 1499 selbst errichten ließ, Frauen mit einem silbernen Phallus auf den Kopf schlägt, damit ihr Kinderwunsch in Erfüllung geht. So viel Bön steckt also noch im bhutanischen Buddhismus.

Am Nachmittag statten wir dann dem

Wangdue Phodrang Dzong

einen Besuch ab. Er entstand 1637. Wangdue Phodrang heißt übersetzt Palast, in dem die vier Himmelsrichtungen durch die Macht zusammenkommen. Diese gewaltige Festung wurde zu unserem Lieblings-Dzong.

Wangdue Phodrang Dzong 2009
Wangdue Phodrang Dzong 2009

Die Mauern scheinen seit mehreren hundert Jahren unverändert. Fenster und Türen verblichen durch Sonne, Regen und Wind. Die Stufen der Holzleitern wurden von tausenden nackten Mönchsfüßen blank gewetzt. Im Innenhof krähen bunte Hähne. Aus den offenen Fenstern des Klosters dringt das Tröten der Muschelhörner weit in die Täler und über den Fluss. Der Dzong strahlt die allgegenwärtige heitere Gelassenheit Bhutans aus.

Am 26. Juni 2012 vernichtet ein Feuer den Wangdue Phodrang bis auf die Grundmauern. Bis heute wird an seinem Wiederaufbau gearbeitet.

Wangdue Phodrang Dzong 2009
Wangdue Phodrang Dzong 2009

Überall in den Dzongs fallen die reichlich vorhandenen Feuerlöscher auf. Man bereitet sich vor. Doch die Gebäude bestehen hauptsächlich aus Holz. Ihre Wände sind oft mit Tüchern verhangen, vor den Statuen brennen Butter-Lampen und Butter-Opfer türmen sich vor den Buddhas.

Wangdue Phodrang Dzong 2009
Im Wangdue Phodrang Dzong 2009

Im Wangdue Dzong schlage ich Mister R. B. vor, dass er mich hier im Öffentlichen Dienst unterbringen könnte, denn immerhin kenne ich schon einige Redewendungen in der Landessprache Dzongha. „O.k.“, sagt er und schickt mich mit meinem Zettel auf den Parkplatz zu einem anderen Auto. „Frage ihn wie er heißt und wie es ihm geht.“  „Ku su sang po la“, sage ich zu dem Fahrer, der gerade die Scheibe herunter dreht. Verblüfft antwortet er: „Ka din sche la, ga de be schwiega.“

Rinchengang Village vom Wangdue Phodrang Dzong gesehen
Rinchengang Village vom Wangdue Phodrang Dzong gesehen

Am nächsten Morgen führt uns unsere Reise nach Zentral-Bhutan. Mr. Arbi und Mr. Prem wurden zu fröhlichen Reisegefährten. Sobald ich meine Kamera etwas fester in die Hand nehme, drosselt Mr. Prem die Geschwindigkeit des Wagens und schaute mich fragend an. Wir sind frei in der Gestaltung des Tages und streifen ungebunden durch die Dzongs. Haben wir eine Frage, Mr. Arbi ist zur Stelle.

Inzwischen treffen wir kaum noch andere Reisende. Insgesamt sind es täglich nie mehr als fünf Fahrzeuge, die uns entgegenkommen. Ab und zu begegnet uns ein mit den acht Schätzen des Buddhismus bunt bemalter Bus. Die Asphaltierung der Straße erfolgte erst 1985. Sie ist so breit, dass sehr vorsichtig gerade zwei Autos aneinander vorbeifahren können. Meist stoppt ein Fahrzeug an einer dafür vorgesehenen Stelle. Links oder rechts befindet sich der Berg oder Felsen, auf der anderen Seite der Abgrund. Kleine weiß bemalte Kieselsteinchen am Straßenrand zeigen an „Darüber hinaus solltest du lieber nicht fahren“.

Division of Road.

DOR – Division of Road

Bis 1961 reiste man in Bhutan zu Fuß oder auf dem Rücken eines Maultiers. Eine Reise auf der 205 km langen Strecke von der indischen Grenze bis in die Hauptstadt Thimphu dauerte 6 Tage. Die Hauptstraße, die wir während unserer Reise befahren, hat teilweise eine Breite von 2,5 m. Nur die Haupt-Touristen-Route Paro-Airport nach Thimphu wurde zweispurig ausgebaut.

Division of Road
Division of Road

In den 1960er Jahren kamen 30.000 Arbeiter aus Indien und Nepal in das Land. Die Indian Border Roads Organization nahm ihre Arbeit im Straßenbau auf. Diese Straßen werden heute von Lohnarbeitern aus Nepal und Indien mit viel Liebe und wenig Wissen in Schuss gehalten. Mit kleinen Handfegern und Wäschebürsten säubern die Ausländer Rinnsteine und Straßenränder, während über ihnen die unbefestigten Geröllmassen vor sind hin bröseln.

Extreme geographische Bedingungen stellen die Division of Road vor große Herausforderungen.
Extreme geographische Bedingungen stellen die Division of Road vor große Herausforderungen.

Während unserer zweiwöchigen Reise erlebten wir zwei Bergrutsche. Die Straße wurde verschüttet, einmal brach sie in das Tal ab. Erstaunlich schnell, innerhalb weniger Stunden, räumten Spezialfahrzeuge das Geröll und improvisierten einen befahrbaren Weg. Wir konnten unsere Fahrt fortsetzen.

Division of Road - Gerade erst aufgeschüttet, wird es halten?
Division of Road bei der Arbeit. Gerade erst aufgeschüttet, wird es halten?

Oft lagern reine Frauen-Brigaden, mit ihren Kindern entlang der Strecke in Camps der Road Division. Manchmal besteht die Unterkunft nur aus einer Plastikplane, die über ein paar Stöcken gespannt wurde.

DOR - Camp der Straßenarbeiter.
DOR – Camp der Straßenarbeiter.

In den Bergen regnet es häufig, dann suchen die Arbeiter unter einem Felsvorsprung an ihren qualmenden Feuerstellen Schutz. Währenddessen vertreiben sich die Kinder ihre Zeit im Spiel mit Steinchen und Erdbrocken.

Straße in Bhutan
DOR – Straßenreparatur.

Wir haben genug Muße das Leben entlang der Strecke zu beobachten. Bei 4 bis 8 Stunden Fahrt täglich wurde es geradezu unsere Hauptbeschäftigung. Und ich frage mich, wie die fremden Arbeiter der Division of Road ihren Fragebogen nach dem Brutto-Sozialglück wohl ausfüllen mögen.

DOR – Kind einer Straßenarbeiterin.
DOR – Kind einer Straßenarbeiterin.

Unsere Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt maximale 30 km/h. Die Piste schraubt sich in Serpentinen den Berg hinauf, sie windet sich auf der anderen Seite in neuen Serpentinen in das Tal herunter. Wir können das Dorf bereits sehen, aber vorher dreht  sich die Straße einen weiteren Berg hoch.

Die Schwarzen Berge – Phobjika-Tal.
Die Schwarzen Berge – Phobjika-Tal.

Nach einer weiteren Stunde sehen wir das angesteuerte Dorf immer noch, diesmal aus einer anderen Perspektive, aber gleich weit entfernt. Eben fuhren wir noch durch Pinienwälder, jetzt folgt ein Forst aus Eichen und Rhododendren. Dann geht es über einen Abzweig in ein weiteres Tal und plötzlich liegt vor uns eine Ebene aus grau-grünem Zwergbambus.

Phobjika Tal
Phobjika Tal

Wir erreichen das

Phobjika-Tal,

ein Gletschertal, das von den Schwarzen Bergen, einem Nebengebirge des Himalayas, begrenzt wird. In diesem grünen Teppich aus Zwergbambus gibt es, von oben gesehen,  ein paar schwarze Löcher. Das sind die Yaks, die gerade in ihrer Leibspeise stehen und sich satt fressen. Phobjika wurde als Rastplatz der Schwarzhalskraniche bekannt, die aus der tibetischen Hochebene kommen, um hier den harten Winter zu verbringen.

Gangteng Village mit Gonpa
Gangteng Village mit Gonpa

GANGTEY GONPA
སྒང་སྟེང་དགོན་པ

ist ein wichtiges Kloster in der Nyingmapa Tradition. Es ist das größte Kloster Bhutans.
Gang heißt Berg, Tey ist der Gipfel. Der kleine dicke Mönch, der als Einziger eine Steppweste im kalten Klosterinneren trägt ist ein Tulku, die identifizierte Wiedergeburt eines Würdenträgers. Mr. Arbi schiebt uns regelrecht zu ihm hin und erbittet den Segen. Gerade rannte der kleine Dicke noch mit den anderen Novizen über den Hof, jetzt streicht er uns leicht mit seinen Patschhändchen über den Kopf. Und es hat gewirkt!

Gangtey Gonpa
Gangtey Gonpa

Trotz erhabener Schönheit und erleuchtender Begegnung, blieb mir besonders die Toilette des Gangtey-Klosters in Erinnerung. Man verweist mich auf einen steilen Abhang, den ich ein Stück herunter klettern soll. Dort finde ich eine lose geflochtene Bambuswand mit einer Tür. Ich nenne den luftigen Ort „Palast der Winde“, ein Potemkinsches Dorf. Ich durchschreite die Tür und mein Blick fällt auf das gesamte schöne Phobjika-Tal. Zu meinen Füßen ragen in einem Abstand von einem Meter zwei inzwischen schlüpfrige Bohlen aus dem Felsen über den Abgrund. Nun wäre es auf jeden Fall besser, ich würde eine bhutanische Kira tragen und keine Trekkinghosen. Breitbeinig balanciere ich ein Stück vorwärts und riskierte leider einen Blick nach unten auf die weltlichen Reste der Mönchsbande.

Traditionelle Malerei im Gangtey Kloster.
Traditionelle Malerei im Gangtey Kloster.

Wir verlassen den schönen Ort. Hinter der nächsten Kehre versperrt eine tief hängende Wolke den Blick. Als wir herausfahren, liegen Schneehaufen am Straßenrand. Wir befinden uns auf dem 3300 m hohen
Pelela-Pass.Der Pass bildet die Grenze zwischen West- und Ostbhutan. Danach passieren wir Trongsa, das wir auf unserer Rückfahrt besichtigen werden. Am

Chendebji-Chorten,

41 km vor Trongsa, legen wir eine Pause ein.

Der Chendebji-Chorten wurde vom Lama Shida erbaut, um den Dämonen festzunageln, der das Tal Ada bedrohte.Chendebji-Chorten
Der Chendebji-Chorten wurde von Lama Shida erbaut, um den Dämonen festzunageln, der das Tal Ada bedrohte.

Der Chorten wurde im Nepalesischen Stil errichtet. Danach geht es über den auf 3400 m gelegenen

Yutongla Pass

Yutongla Pass

nach Bumthang.

Am Abend erreichen wir

JAKAR
བྱ་ཀར་

Jakar liegt in der Region Bumthang und Bumthang bedeutet: Ebene, die wie eine Bumpa geformt ist. Eine Bumpa ist eine bauchige Weihwasservase. Wir beziehen ein Zimmer in einer kleinen Lodge, einer österreichischen Berghütte nicht unähnlich. Es ist ziemlich kalt, aber in unserem gemütlichen Raum steht ein eiserner Ofen. Der freundliche Mann bringt uns ganz schnell bei, wie wir ihn befeuern können und als wir zu Bett gehen, ist es mollig warm.

Jakar Dzong
Jakar Dzong

Im gelebten Buddhismus verbieten sich die Menschen das Töten von Wild.

Bäuerin repariert den Schutz vor Wildschweinen.
Bäuerin repariert den Schutz vor Wildschweinen.

Die Jagd ist generell verboten. Das hat zur Folge, dass die Bauern vor einem unlösbaren Problem stehen. Die Felder werden durch große Steinmauern geschützt. Daneben befindet sich ein kleiner Unterschlupf für den Wachmann. In der Dämmerung kommen die reichlich vorhandenen Wildschweine aus den Wäldern und versuchen auf die Felder zu gelangen. Dort wartet bereits der Bauer mit den Hunden im Bambusverschlag. Nun beginnt ein mordsmäßiger Krach, um die unwillkommenen Mitgeschöpfe zu vertreiben. Das Gebell der Hunde reicht bis in den Morgen hinein. Diesen Sound sollten sie sich als regelmäßiges Hintergrundgeräusch für Bumthang vormerken.

Die Region Bumthang ist für bhutanische Verhältnisse reich. Die Leute haben ihr Auskommen. Sie sind autark. Alle Kinder gehen 10 Jahre in die Schule und nach der Schule erlernen sie ein Handwerk oder führen die Wirtschaft ihrer Eltern weiter. Sie züchten Yaks und Schafe, sie weben, stellen wunderschöne bunte Filzstiefel her, sie bestellen ihre Äcker und in ihrer Freizeit pilgern sie in die Dzongs und drehen die Gebetsmühlen. Die Jungen wandern Arm in Arm über die Dorfstraße oder messen sich im Wettkampf beim Bogenschießen. Die Mädchen weben, oft im Freien. Andere sitzen auf den Stufen vor den kleinen Läden und tratschen.

Jakar Bumthang
Jakar

Abends zieht es die Männer in die gemütlichen Kneipen, in denen bis zum Exzess gesoffen wird. Das ist neben dem Betelnusskauen das gewichtigste Laster der Bhutaner. Daraus ergibt sich dann so manches Unglück, dass den einen oder anderen sogar ins Gefängnis bringt, denn die gibt es auch in Bhutan. Dort sitzen die Leute hauptsächlich wegen Reliquien-Diebstahl und Schlägerei unter Alkohol ein.

Nach einer schönen Wanderung besichtigen wir den

Kurje-Lhakhang

und entledigen uns dort aller Sünden, indem wir durch das kleine Loch eines Felsens krochen. Nur der bleibt stecken, der zu viel gesündigt hat. „Kurje ist einer der heiligsten Orte in Bhutan.“ steht in meinem Reiseführer. Ku heißt Körper und Jey Abdruck. Guru Rinpoch hat hier meditiert.

Gelegenheit sich seiner Sünden zu entledigen.
Gelegenheit sich seiner Sünden zu entledigen.

Sicherheitshalber warfen wir uns im

Thangbi-Lhakhang,

einem weiteren sehr berühmten wunderschönen Kloster, einen Eisenkettenvorhang über den Körper und umrundeten damit dreimal den Tempel. Pema Lingpa soll ihn persönlich geschmiedet haben. Wenn es doch nur immer so einfach wäre!

Thangbi Lhakhang
Thangbi Lhakhang

Am nächsten Morgen fuhren wir um 7:48 Uhr los, waren um 09:30 Uhr in Ura und querten um 11:20 Uhr nach einer wunderschönen Fahrt durch üppige Rhododendron-Wälder den

Thumsingla.

Er ist mit 3800 m der höchste Pass Bhutans. Um 16:30 Uhr erreichten wir das an einem Berghang gebaute kleine Städtchen Mongar.

Thumsingla
Thumsingla

Was für eine Reise? Die Landschaft zieht wie einem Film an uns vorüber, mit dem einzigen Unterschied: wir können uns die Szenen aussuchen und hinein steigen. Warm, kalt, windig, nebelig, tropisch, schwül. Hinter jeder Kehre, hinter jedem Berg, immer wieder überrascht uns Bhutan mit völlig neuen Landschaften und Eindrücken.

Mani Mani, Om Mani Padme Hum
Mani Mani, Om Mani Padme Hum

MONGAR
མོང་སྒར་རྫོང་ཁག་

Wir sind wir im Land des Ostens, im Land der Sharchopa.

Mongar Dzong
Mongar Dzong

Im Post Office sprechen wir mit einer jungen Frau. Sie sagt, wie bedauerlich es doch wäre, dass die Bhutaner noch so rückschrittlich und unterentwickelt sind. So empfand sie es. In solchen Momenten wünschte ich mir ein Austauschprogramm – ob sie im Westen glücklicher wäre?

Frau an den Gebetsmühlen im Mongar Dzong.
Frau an den Gebetsmühlen im Mongar Dzong.

Auch in Mongar besichtigen wir wieder den Dzong, um am nächsten Morgen 96 km weiter über den

Korila-Pass (2450 m)

nach Trashigang zu reisen. Die Straße führt uns durch Laubwälder. Riesenfarne hängen von den Steilwänden und Lemuren hüpfen durch die Bäume.

TRASHIGANG
བཀྲ་ཤིས་སྒང་།

ist eine sehr schöne kleine Stadt mit einem winzigen runden Platz in der Mitte, fast wie in einem französischen Dorf, aber nur wenige Kilometer von der tibetischen Grenze entfernt.

Trashiyangtse Dzong

In Trashigang waren wir fast am Ende unserer Reise. Hier überreichten wir Mr. Prem und Mr. Arbi symbolisch die Katha, den buddhistischen Zeremonialschal, der für Glück, Wohlwollen und Mitgefühl steht. Außerdem bekamen sie den Bildband Bhutan von Herrn H. N. Nestroy, damit sie ihren Familien zu Hause IHR LAND zeigen können. Der Durchschnitts-Bhutaner reist selten. Unsere freundlichen Begleiter waren glücklich, gemeinsam mit uns diese Pilgerreise durch ihr Land unternehmen zu dürfen. Nun hatten auch sie (fast) alle Heiligtümer gesehen.

Team Bhutan

Die Herberge in Trashigang nennt Peter unseren Hühnerstall. Vor jeder Tür hängt eine schwere bunt bestickte Filzdecke, die im Winter die kalte Luft abhalten soll. Der Raum besitzt winzige bunt bemalte Fenster und alte knarrende Holzdielen. Im Bad rutscht Peter am nächsten Tag auf dem nassen Boden aus. Gerade als er versuchte die knarrende Hühnerstalltür zu öffnen und gleichzeitig den dicken Filz wegzuschieben, knallt er mit der Stirn auf die Fliesenkante. Platzwunde über dem Auge! Buddha sei Dank ich hatte Verbandszeug mit.

Während wir den

Trashigang Dzong

besichtigten, zeigte mir Peter in einem Vorhof einen älteren Mönch, der auf seinem Schoß ein klitzekleines Kindchen im Mönchsgewand wie ein Baby hin und her wiegt. Als er uns bemerkt, stellte er den Knaben auf die Beine und schickte ihn zu den anderen zum Lernen.

Die älteren Kinder sind vielleicht 10 Jahre alt. Sie sitzen vor ihren Palmblattbüchern und lesen bereits laut vor sich hin. Da greift sich der Winzling ein einziges Blatt, legt es sorgfältig auf die Holzdielen und nimmt im Schneidersitz vor seinem Buch Platz. Er ergreift ein Bambus-Stöckchen und tippt im Takt der größeren Jungen auf sein Blatt.

Butan Trashigang Dzong www.explorations-travel.com
Trashigang Dzong

Man sah, dass er noch nicht lesen konnte, aber er führte bereits mit großer Ernsthaftigkeit aus, was sein Lebensinhalt werden würde: das Lernen und die Vervollkommnung seiner selbst. Später fragten wir den älteren Mönch, wie alt der Junge sei. Er war fünf Jahre jung und aus freien Stücken in das Kloster eingetreten. Ab und zu geht er alleine zu Fuß in sein einige Dörfer entferntes Zuhause und besucht die Eltern. Dann kehrt er völlig selbständig in das Kloster zurück, erzählte uns der Mönch.

Wir besuchten verschiedene Klöster der Gegend sowie die

Rigne-Kunstschule.

Abgelegener geht es nicht mehr; die Rigne Kunstschule
Abgelegener geht es nicht mehr; die Rigne Kunstschule

Von hier aus geht es nur noch in die Hochtäler.

TRASHI YANGTSE
གཡང་ཙེ

liegt in äußersten Nordosten Bhutans und war viele hundert Jahre lang ein wichtiger Platz an der Karawanenroute nach Lhuentse in Tibet.

Trashiyangtse Dzong

Als wir ihn besichtigen, wurde Mr. Arbi von einem ca. 18-jährigen Mönch gefragt, wer wir seien und wo wir herkämen. Arbi erklärt, dass wir aus Europa sind. Nun wollte er wissen, wie wir nach Bhutan kamen. „By plane.“ antworten wir. Da schaute uns der junge Mann mit großen Augen an: „I’ve never seen a plane!“.

Keine Zeitungen erreichen je die versteckten Weiler in den unzugänglichen Dörfern abseits der Straße, keiner dieser Jungen hat wohl je einen Fernsehapparat gesehen, geschweige denn einen Film und wenn sie erst im Kloster sind …, der Himalaya ist auch nicht gerade ein Gebiet, wo täglich Kondensstreifen den Himmel durchziehen.

Daraufhin packte ich meine Kamera aus. Ich zeigte einige Szenen über den Flug Kathmandu – Paro, entlang des Mount Everest Massivs (Sagarmatha). Sofort umringten mich die Jungs. Alle wollten Flugzeuge sehen. Peter hatte Angst, ich könnte mich anstecken. Viele der Mönche sind sehr erkältet. Die Klostergebäude sind nicht heizbar. Die Mönche besitzen nur ihren Umhang und laufen barfuß in Flip-Flops. Außerdem haben viele Jungs aufgrund der mangelnden Hygiene Hautkrankheiten. Ich verspürte übrigens während unserer Reise sehr oft den Wunsch, auf dem Klosterhof eine Wanne mit warmem Wasser aufstellen zu wollen, um die irdischen Körper der Mönchsbande mal so richtig abzuschrubben!

Als ich meinen Film zeigte, fragte Peter, ob er davon ein Foto machen darf, das wurde erlaubt und so entstand ein einziges unscharfes Foto aus dem Inneren des Dzongs.

Im Trashiyangtse Dzong: „I’ve never seen a plane!“
Im Trashiyangtse Dzong: „I’ve never seen a plane!“

Auf unserer Fahrt nach Trashi Yangtse durch die wild bewachsene grüne Kulong Chu-Schlucht regnete es am Morgen nur leicht. Wir fuhren entlang des Gamri River in Richtung tibetischer Grenze. Die ganze Region gehört zum Bumdeling Wildlife Sanctuary. Unter den mehr als 100 geschützten Arten finden sich der Schneeleopard, der Bengalische Tiger und der rote Panda.

Gamri River - oben der Verlauf unserer Straße
Gamri River – oben der Verlauf unserer Straße

Gom Kora und Chorten Kora.

In Gom Kora oder der Gomphu Kora (Meditations-Höhle) soll Padmasambhava meditiert haben. Die Geschichte von Gom Kora reicht in das 8. Jahrhundert zurück.

Außergewöhnliche Darstellung des Lebensrades im kleinen Tempel neben dem Chorten.
Außergewöhnliche Darstellung des Lebensrades im kleinen Tempel neben dem Chorten.

Chorten Kora ist ein gewaltiger Stupa am Kulong Chhu. Seine dreifache Umrundung soll Ehepaaren ewiges Liebesglück bescheren, also umrundeten wir den Chorten drei Mal.Wir picknickten dort im strömenden Regen unter einem Tempeldach und hatten alle Mühe 6 wilde Hunde, die vielleicht in einem vorherigen Leben unsere Nachbarn oder Freunde waren, von unserem Mittagessen zu vertreiben.

Chorten Kora
Chorten Kora

Unsere Toilette war ein sattgrüner Marihuana-Hain am Fluss.

Bevor Bhutan 1999 das Fernsehen einführte, kam niemand auf die Idee Marihuana zu konsumieren. Cannabis, also die Hanf-Pflanze, kommt in Bhutan natürlich vor. Bhutan hat aufgrund seiner geographischen Lage und der quasi offenen Grenzen ein Problem als Durchgangsland für den Drogenschmuggel zwischen Indien und Nepal.

Feld in Bumthang. Man kann nur erahnen wie hart die Arbeit der Bergbauern ist.
Feld in Bumthang. Man kann nur erahnen wie hart die Arbeit der Bergbauern ist.

Am Nachmittag geht das Nieseln in strömenden Regen über. Mr. Prem hält vorsichtig auf der rutschigen Straße Balance. Vom Felsen prasseln gelbe Wasser-Kiesel-Bäche auf das Auto herab, der Fluss unterhalb der Piste ist bereits über einen Meter angestiegen und donnert nun durch das Tal. Am anderen Tag beginnt unsere dreitägige Rückreise. In

Bumthang

lernen wir an einem Abend die Autorin unseres Reiseführers kennen. Die Tibetologin Frau Francoise Pommaret lebt bereits seit vielen Jahren im Land. Ihrem umfassenden unterhaltsamen Reiseführer verdanken wir die Inspiration und letztendlich den Erfolg der Umsetzung. Der Abend in Bumthang setzte unserer Reise die Krone auf.

Francoise Pommaret Bhutan

Die anfängliche Befürchtung, mit zwei Männern „den Urlaub“ teilen zu müssen, bestätigte sich nicht. Unser Fahrer und unser Guide waren freundlich, ausgeglichen und lustig. Mr. Prem hatte immer etwas Leckeres  dabei und versorgte uns wie eine Mutter. Aber er war nicht gerade gesprächig. Einmal kamen wir an einen Erdrutsch. Die schmale Straße war völlig weggerissen. Von beiden Seiten hatten Bagger bereits begonnen, die Erdmassen ins Tal zu schaufeln. Auf meine Bedenken: „It looks very dangerous?“ antwortete er nur mit einem: „Yääää“, was mich nicht gerade beruhigte.

Mr. R. B. Gurung, den wir Arbi nannten, führte uns durch alle Tempel, Dzongs und Landschaften. Er erklärte unermüdlich. Nach dem Mittagessen gönnte er sich ein wenig Doma. Wir hatten eine sehr gute gemeinsame Zeit. Ka din sche la!

Bumthang: War das nicht ein schöner Tag?
Bumthang: War das nicht ein schöner Tag?

Bhutaner sind freundlich, zurückhaltend und voller Würde. Nirgendwo sonst fanden wir auf unseren Reisen dieses ausgewogene Maß in allen Dingen. Das Leben verläuft ruhig. Das Lebensziel besteht eben nicht nur im materiellen Erwerb, sondern auch im Erwerben von gutem Karma, den guten Taten.

People of Bhutan

Wildromantische Landschaften, märchenhaften Festungsburgen, in denen Mönche Butteropfer basteln und uns aus silbernen Pfauenfederkannen mit geharztem Wasser segneten, Wacholder-Duft der Opferfeuer, das Knattern der Gebetsfahnen auf den Pässen, dass Rattern der unermüdlichen Gebetsmühlen … Bhutan wird uns unvergessen bleiben.

Romantic landscape in Bhutan.

Mit der Öffnung und Entwicklung des Landes und durch Zunahme des Tourismus, kommen große Herausforderungen auf das Land zu. Die Regierung lädt Entwicklungshelfer ein und lässt sich in allen Fragen beraten. Bhutan ist beispielhaft: Das Gesundheitswesen, der Umweltschutz, die geordnete Verwaltung, die Energieversorgung, Förderung und  bewusste Erhaltung von Kunst und Kultur, Weiterentwicklung der Landwirtschaft. Wenn man noch ein paar Toiletten bauen könnte und den Straßenbau nicht ganz den Indern überlassen würde …


TASHI DELEK BHUTAN

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